Frühe Coronatherapie für Risikopatienten

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Schutz vor schweren Krankheitsverläufen

Wer sehnt nicht das Ende der Coronaviruspandemie herbei, hofft auf Lockerungen und sinkende Krankenzahlen? Es besteht durchaus Grund zur Zuversicht. Zum einen, weil viele Menschen die Chancen der Impfung genutzt haben, zum anderen werden auch im Bereich der Therapien Fortschritte gemacht. Der frühe Einsatz neuer Therapien kommt vor allem Personen zugute, die ein hohes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben.

Impfschutz

Die Impfung ist nach wie vor die beste Maßnahme, um einer Infektion mit dem Coronavirus vorzubeugen. Sollte man sich dennoch infiziert haben, bietet die Impfung auch einen guten Schutz vor einem schweren Verlauf

Und noch ein Argument spricht für die Impfung: Jeder einzelne, der sich impfen lässt, trägt dazu bei, dass sich das Virus weniger stark verbreitet und schützt damit andere Menschen vor einer Ansteckung.

Die Coronaviruspandemie bestimmt nach wie vor unseren Alltag und die Debatten in der Gesundheitspolitik. Ob es um Schutzmaß- nahmen wie das Maskentragen, Impfempfehlungen, Quarantänezeiten und den Sinn des Freitestens geht – viele Gesundheitsexperten und Mediziner treibt nach wie vor die Sorge um, dass Personen mit Risiko für einen schweren Verlauf nicht ausreichend vor einer Infektion geschützt sind. Zu diesen sogenannten vulnerablen Gruppen gehören Menschen mit bestimmten chronischen Erkrankungen, geschwächtem Immunsystem sowie ältere Menschen (s. Infokasten). Dass innerhalb kurzer Zeit ein wirksamer Impfstoff zur Verfügung stand, hat die Situation ganz erheblich entschärfen können. Denn die Impfung verhindert eine Infektion bzw. schützt vor schweren Krankheitsverläufen. Aber auch bei den Therapiemöglichkeiten gibt es erfreulicherweise Fortschritte. So stehen für Personen mit hohem Risiko für einen schweren Verlauf verschiedene Medikamente zur Verfügung, die in der Frühphase der Infektion die Schwere der Erkrankung abmildern können.

Behandlung von Risikopatienten

Eine Möglichkeit ist die frühe Behandlung mit antiviralen Medikamenten, was derzeit auch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Fachgruppe COVRIIN beim Robert Koch-Institut empfohlen wird. Diese Medikamente stoppen eine Vermehrung des Virus im Körper. Eine weitere Option ist der Einsatz sogenannter monoklonaler Antikörper. Monoklonale Antikörper richten sich ganz spezifisch gegen das Coronavirus und verhindern, dass die Viren an Körperzellen andocken können. Dafür muss allerdings geprüft werden, ob der monoklonale Antikörper gegenüber der aktuellen Virusvariante wirksam ist. Außerdem kann es sinnvoll sein, dass die Patienten stark entzündungshemmende Medikamente und ggf. Antibiotika bekommen. Die Antibiotika sollen verhindern, dass sich der Gesundheitszustand durch eine zusätzliche bakterielle Infektion (z. B. bakterielle Lungenentzündung) verschlechtert.

Was bedeutet schwerer Coronaverlauf?

Die allermeisten Menschen, die eine Coronavirusinfektion durchmachen, haben einen milden bis moderaten Verlauf. Fast immer sind zuerst die Atemwegsorgane betroffen. D. h., es kommt zu Husten, Schnupfen und Halsschmerzen, mitunter begleitet von Fieber, Glieder- und Kopfschmerzen. Aus der Atemwegserkrankung kann sich jedoch, insbesondere wenn man zur Gruppe der Risikopatienten gehört, eine schwere Lungenentzündung mit zunehmender Atemnot entwickeln. Im schlimmsten Fall kommt es dann zu einer sogenannten respiratorischen Insuffizienz. Das bedeutet, dass der Patient nicht mehr in der Lage ist, selbst- ständig zu atmen und genügend Sauerstoff aufzunehmen. Ein schwerer Sauerstoffmangel und eine hohe Kohlendioxidkonzentration im Blut sind die Folge. Die Patienten müssen dann intensivmedizinisch betreut und oft künstlich beatmet werden.

Solch schwere Infektionen der Atemwege mit Funktionsstörungen der Lunge haben Auswirkungen auf das gesamte Herz-Kreis- lauf-System und weitere Organe. Ein schwerer Krankheitsverlauf kann u. a. den Herzmuskel dauerhaft schädigen, das Risiko für Herzinfarkt oder Herzrhythmusstörungen erhöhen, zu Leberfunktionsstörungen führen und die Nierenfunktion so stark beeinträchtigen, dass eine Dialyse erforderlich ist.

Erkältungssymptome abklären lassen

All das zeigt: COVID-19 bleibt eine sehr bedrohliche Erkrankung. Da wir das Coronavirus so bald nicht ausrotten können, besteht unsere Chance darin, schwere Krankheitsverläufe frühzeitig zu verhindern. Am besten durch eine Impfung und nach Ausbruch der Erkrankung durch eine frühe Therapie. Wer zur Gruppe der Risikopatienten gehört – also jeder über 65 Jahre –, sollte daher auch bei leichten Symptomen einen Arzt kontaktieren. Er wird abklären, ob eventuell „nur“ eine Erkältung dahintersteckt, es sich um eine Grippe oder eben doch um COVID-19 handelt. Im Falle von COVID-19 könnte dann eine Behandlung mit antiviralen Medikamenten in Frage kommen. Die Therapieentscheidung richtet sich nach dem individuellen Risiko für einen schweren Verlauf. Zudem muss berücksichtigt werden, ob bestehende Grunderkrankungen oder die aktuelle Einnahme von anderen Medikamenten gegen diese Therapie spricht.

Risikogruppen für schwere Krankheitsverläufe bei COVID-19

Ältere Personen: Mit zunehmendem Alter arbeitet das Abwehrsystem nicht mehr so effektiv. Krankheitserreger haben daher leichteres Spiel. Das Risiko für Komplikationen nach einer Infektion steigt. Zudem ist ein älterer Organismus anfälliger für bestimmte Erkrankungen, die sich ungünstig auf eine Coronaviruserkrankung auswirken können (s. u.).

Personen mit starken körperlichen Beeinträchtigungen und Behinderungen: Das Coronavirus schädigt insbesondere die Lunge. Bei Patienten, die lange Zeit im Bett liegen oder bei Personen, die z. B. nach einer Querschnittslähmung im Rollstuhl sitzen, werden die Lungen schlechter durchlüftet und durchblutet. Daher haben diese Personen ein erhöhtes Risiko für Lungenentzündungen und damit für schwere COVID-19-Verläufe.

Personen mit bestimmten chronischen Erkrankungen: Langandauernde Krankheiten, die nicht vollständig geheilt werden können, stellen per se eine ständige oder wiederkehrende Belastung für die Gesundheit dar. Viele chronische Erkrankungen sind chronisch-entzündlich. Die Erkrankung selbst oder auch die Medikamente, die zur Unterdrückung der Krankheitsfolgen eingenommen werden müssen, können das Immunsystem des Patienten so sehr schwächen, dass ein schwerer Verlauf zu fürchten ist. Zu den chronischen Erkrankungen, die das Risiko für schwere COVID-19-Verläufe erhöhen, gehören:

  • (chronische) Atemwegs- bzw. Lungenerkrankungen inkl. COPD
  • Diabetes
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen
  • Krebserkrankungen
  • Bluthochdruck
  • Erkrankungen und Therapien, die das Immunsystem schwächen

Stark übergewichtige Menschen


Frühe COVID-19-Behandlung bei älteren Risikopatienten und -patientinnen

Experteninterview: Professor Dr. med. Hans Jürgen Heppner

Prof HeppnerDie Behandlungsmöglichkeiten einer Coronavirusinfektion haben sich in den letzten Monaten weiter verbessert. Es stehen Medikamente zur Verfügung, die abhängig von der Krankheitsphase, der Schwere des Krankheitsverlaufs und der Virusvariante verordnet werden können, um die Vermehrung des Virus im Körper und damit die Entzündung zu hemmen. Zu den Risikofaktoren für einen schweren Verlauf gehören u. a. ein unvollständiger Impfschutz sowie ein höheres Lebensalter. Wir haben bei Professor Dr. Hans Jürgen Heppner nachgefragt, was er älteren Menschen bei einer Coronavirusinfektion empfiehlt. Professor Heppner ist Direktor des Klinikums für Geriatrie und der Geriatrischen Tagesklinik Klinikum Bayreuth - Medizincampus Oberfranken.

Covid-19 hält uns seit über zwei Jahren in Atem und bringt Ärzte und Pflegepersonal an ihre Grenzen. Wie ist die derzeitige Situation in Ihrem Klinikalltag?

Professor Heppner: Aktuell ist die Zahl der an COVID-19 erkrankten Patientinnen und Patienten überschaubar, allerdings kommt es immer wieder mal zu Häufungen. Auch sind die Patientinnen und Patienten meist nicht schwer erkrankt, jedoch durch die geriatrie-typische Multimorbidität gefährdet.

Ältere Patienten gehören zur potenziellen Risikogruppe für einen schweren Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus. Genau für diese Personengruppen wird beispielsweise eine antivirale Therapie empfohlen (Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Fachgruppe COVRIIN beim Robert Koch-Institut). Haben Sie bereits Patienten mit dieser Therapie behandelt?

Professor Heppner: Ja, durchaus. Eine genaue Zahl kann ich nicht nennen, aber sie liegt im oberen zweistelligen Bereich.

Was empfehlen Sie älteren Menschen bzw. Patienten einer Risikogruppe mit einem positiven COVID-19-Test? Sollten sie auf jeden Fall bei einem Arzt vorstellig werden?

Professor Heppner: Die empfohlenen Therapien wirken umso besser, je eher sie zum Einsatz kommen. Deshalb sollten Risikopatienten bei einem positiven Testergebnis frühzeitig ihren Hausarzt bzw. ihre Hausärztin aufsuchen und auf diese Therapieoptionen ansprechen. Das gilt auch, wenn sich erste Symptome zeigen.

Heißt das, man sollte selbst bei leichten Symptomen direkt zum Arzt? Können Sie die Symptome noch einmal nennen?

Professor Heppner: Man sollte lieber einmal zu oft zum Arzt gehen, ansonsten könnte man eine wichtige Behandlungschance verpassen. Die Krankheitszeichen von COVID-19 ähneln stark denen einer Grippe, also Schnupfen, Husten, Fieber, Hals- und Kopfschmerzen. Aber auch Kurzatmigkeit, der Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns sowie Muskel- und Gelenkschmerzen können Symptome für COVID-19 sein. Treten Beschwerden dieser Art auf, kann für Personen aus einer Risikogruppe eine medikamentöse Behandlung angezeigt sein. Das kann aber nur ein Arzt oder eine Ärztin entscheiden. Er bzw. sie wird auf Grundlage des allgemeinen Gesundheitszustands, bestehenden Vor- und Begleiterkrankungen sowie des Alters und der Lebenssituation das individuelle Risiko beurteilen und eine entsprechende Therapie vorschlagen. Und die sollte, wie bereits gesagt, so früh wie möglich erfolgen. Eine antivirale Therapie ist übrigens im ambulanten Bereich unkompliziert möglich.

Nebenbei sei noch ein weiterer Hinweis erlaubt: Ich empfehle nicht nur älteren Personen und Risikopatienten sich bei Symptomen testen zu lassen, sondern generell allen. Denn bestätigt sich der Verdacht durch einen positiven Test, dann soll man sich bitte von anderen Menschen, insbesondere Risikogruppen, fernhalten und sich schonen.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Dieses Interview wurde mit freundlicher Unterstützung der Pfizer Pharma GmbH realisiert.


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