Bonn, 27.11.14 Wer einen älteren Angehörigen betreut, sollte schon bei ersten Hinweisen auf eine Inkontinenz aktiv werden. Wenn das Blasenproblem frühzeitig erkannt und behandelt wird, erspart das beiden Seiten viel Leid. Wichtig ist es aber, einfühlsam vorzugehen, denn viele Betroffene empfinden ihre Blasenschwäche als tiefen Einschnitt in die Selbstbestimmung.
Etwa jeder dritte ältere Mensch leidet an Inkontinenz, ab dem siebzigsten Lebensjahr ist es sogar jeder zweite. Obwohl so viele Menschen das Leiden teilen, ist es noch immer schambesetzt. Viele scheuen sich darüber zu sprechen und weihen weder ihre Familie noch den Hausarzt ein. Stattdessen entwickeln sie Strategien, damit ihr Problem möglichst unbemerkt bleibt: Sie behelfen sich mit Slipeinlagen, trinken nur noch wenig, sagen Einladungen ab und vermeiden es, für längere Zeit das Haus zu verlassen. „Angehörige, die solche Anzeichen bemerken, sollten behutsam vorgehen und den Betroffenen nicht mit gut gemeinten Ratschlägen oder gar Vorwürfen überfallen", rät Erhard Hackler, Vorstand der Deutschen Seniorenliga.
Besser ist es, die betroffene Person ganz unverfänglich zu einem allgemeinen Gesundheitscheck beim Hausarzt zu ermuntern. Wer sicher sein will, dass das Thema bei dem Termin auch zur Sprache kommt, sollte den Arzt in einem Vorgespräch über seinen Verdacht informieren. Diese Vorgehensweise ist für ältere Menschen meist weniger unangenehm, als wenn die eigenen Kinder oder Enkel mit Fragen nach der Blasenfunktion in die Intimsphäre eindringen. Ist das Eis erst einmal gebrochen, lassen sich die Betroffenen in der Regel bereitwillig auf weitere Untersuchungen ein. „Eine umfassende Diagnostik lohnt sich in jedem Fall", betont Hackler. „Manchmal lässt der starke Harndrang bereits nach, wenn ein besonders harntreibendes Medikament gegen ein anderes ausgetauscht wird. Zudem gibt es für fast jede Form der Blasenschwäche wirksame medikamentöse und nicht-medikamentöse Behandlungsmethoden." Dazu gehört zum Beispiel ein so genanntes Blasentraining, bei dem der Abstand zwischen den Toilettengängen nach und nach verlängert wird. Medikamente, die die dauerhaft angespannte Blasenmuskulatur lockern, können ein solches Blasentraining effektiv unterstützen. Für Patienten, die ihren Harndrang nicht mehr wahrnehmen können – das betrifft zum Beispiel viele Demenzpatienten – eignet sich ein Toilettentraining. Ziel ist es, sich an feste Zeiten für den Toilettengang zu gewöhnen und dadurch unliebsame Zwischenfälle zu verhindern. Gute Erfolge erzielt in vielen Fällen außerdem ein spezielles Beckenbodentraining. Selbst für betagte Menschen gibt es passende Übungen, die sie unter Anleitung erlernen und später zuhause weiterführen können.
Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl an Maßnahmen, die den Alltag mit Blasenschwäche erleichtern – seien es kleine Veränderungen im Wohnumfeld, eine geschickte Auswahl der Kleidung, blasenfreundliche Ess- und Trinkgewohnheiten oder die Verwendung passender Hilfsmittel. Betroffene und Angehörige finden eine Fülle solcher Tipps sowie Informationen zu den verschiedenen Formen der Blasenschwäche in der kostenfreien Broschüre „Blasenschwäche ist kein Schicksal", herausgegeben von der Deutschen Seniorenliga. Bestelladresse: Deutsche Seniorenliga e.V. (DSL), Heilsbachstraße 32, 53123 Bonn; www.dsl-blasenschwaeche.de. Bestell-Hotline 01805 – 001 905 (0,14 Euro/Min. aus dem deutschen Festnetz, Mobilfunkpreise abweichend).