Wie die Auswertung eines Berliner Modellprojekts zeigt, steigert das patientenindividuelle Verblistern von Medikamenten die Versorgungssicherheit und hilft dabei, Arzneimittelkosten zu senken.
Arzneimittel sind ein ganz wesentlicher Bestandteil der modernen Medizin. Viele Erkrankungen können ohne den Einsatz von Medikamenten kaum erfolgreich therapiert werden. Wenn jedoch Patienten mit den teilweise komplizierten Anwendungsvorschriften der Arzneimittel überfordert sind und ihre Medikamente falsch oder gar nicht einnehmen, kann selbst eine bewährte Arzneimitteltherapie wenig ausrichten. Vor allem ältere, chronisch kranke und multimorbide Patienten, die täglich mehrere Tabletten zu unterschiedlichen Zeiten einnehmen müssen, brauchen häufig Unterstützung.
Es gibt verschiedene Hilfsmittel, z. B. Erinnerungsalarme und Dosierungshilfen, die die regelmäßige Medikamenteneinnahme erleichtern. Noch einfacher wird es mit individualisierten Verpackungen der Arzneimittel, die eine übersichtliche und kontrollierte Medikamenteneinnahme gewährleisten. Wie sehr ältere Patienten von diesem System profitieren, das zudem deutliche Kosteneinsparungen mit sich bringt, bestätigen erste Ergebnisse eines Modellprojekts, das die 7x4 Pharma GmbH gemeinsam mit der AOK Nordost vor zwei Jahren gestartet hat.
Im Rahmen des Modellprojekts erhalten die rund 600 Bewohner der teilnehmenden 21 Pflegeheime in Berlin seit Mitte 2009 ihre Medikamente vorsortiert in Durchdrückpackungen, sogenannten Blistern, wie man sie von Arzneimitteln aus der Apotheke kennt. Das Besondere hier ist: Die Tablettenverpackungen aus Plastik werden für jeden der Bewohner individuell hergestellt. Die Blister enthalten, entsprechend den jeweiligen Verordnungen des Arztes, genau eine Wochenration der verschriebenen Tabletten, aufgeteilt auf sieben Tage und für jeden Tag auf die jeweiligen Einnahmezeitpunkte.
Wie die wissenschaftliche Auswertung zeigt, trägt diese deutliche Vereinfachung der Medikamenteneinnahme erheblich zur Verbesserung der Versorgungsqualität bei. Chronisch kranke und multimorbide Altenheimbewohner, die eine Versorgung mit individuell verblisterten Arzneimitteln erhalten, werden weniger häufig stationär behandelt und verlassen das Krankenhaus früher. Das steigert die Lebensqualität der Patienten und senkt gleichzeitig die direkten wie die indirekten Gesundheitskosten.
Üblicherweise verordnet der Arzt Medikamente in Normpackungen. Wird ein Arzneimittel vor dem geplanten Versorgungsende ab gesetzt, verbleiben Restmengen, die von den Kostenträgern bezahlt wurden und nun verworfen werden. Bei tablettengenauer Abrechnung eines Wochenblisters fallen solche Restmengen in deutlich geringerem Umfang an. Während der Studie ergaben sich Mengeneinsparungen von 10,3 % und damit verbundene Kosteneinsparungen von 12,9 %.
Als direkte Kostenersparnis schlägt die tablettengenaue Abrechnung zu Buche. So hat die Zahl der abgerechneten Medikamente um gut zehn Prozent abgenommen, weil der „Verwurf“ – damit ist die Anzahl bezahlter, aber nicht eingenommener Arzneimittel gemeint – gesenkt werden konnte, erklärt Prof. Jens Leker von der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster, der das Projekt wissenschaftlich begleitet. Aus dem geringeren Verwurf ergibt sich laut Leker eine Einsparung bei den Arzneimittelkosten von rund 20 000 Euro pro Jahr. Weitere deutliche Einsparungen ergeben sich indirekt. Ganz offensichtlich werden weniger Fehler bei der Medikamenteneinnahme gemacht, was sich positiv auf den Gesundheitszustand der Patienten auswirkt und in der Folge weniger weiterführende Behandlungsmaßnahmen notwendig macht. So wurden die am Modellprojekt teilnehmenden Altenheimbewohner nach der Um stellung weniger häufig stationär behandelt als während eines vergleichbaren Zeitraums zuvor. Auch die Aufenthaltsdauer bei den stationären Behandlungen sank auffallend.
Zuspruch erhält das System der individuellen Verblisterung nicht nur von Seiten der Wissenschaft und der Sparfüchse. Auch die Pflegekräfte in den beteiligten Heimen befürworten mit großer Mehrheit das Verblistern und sehen vor allem ein großes Plus hinsichtlich der Versorgungssicherheit und der Zeiteinsparung bei der Medikation. Die gewonnene Zeit kann effizienter für die Betreuung der Altenheimbewohner genutzt werden.
Die Anzahl der Krankenhausaufenthalte in den sechs Monaten vor Umstellung der Versorgung auf verblisterte Arzneimittel lag innerhalb der Untersuchungsgruppe bei 277 und fiel in den sechs Monaten nach der Umstellung auf 166. Das ist ein Rückgang um 26,9 %. Auch die Aufenthaltsdauer bei den stationären Behandlungen sank durchschnittlich von 10,6 Tage auf 7,8 Tage, also um 26,3 %.
Geht man von 500 Euro durchschnittlichen Kosten für einen Behandlungstag im Krankenhaus aus, spart der Kostenträger 2 038 Euro im Jahr. Dagegen kostet die Verblisterung (Herstellung, Logistik und Handlingspauschale des Apothekers) im Modellprojekt pro Patient und Jahr ca. 275 Euro.
Noch mehr Vorteile und größerer Nutzen sind zu erwarten, wenn die Abgabe von individuellen Blistern auf die häusliche Medikamentenversorgung ausgeweitet wird. Viele ältere Patienten, die in den eigenen vier Wänden leben, werden nicht von Pflegekräften betreut und sind für die richtige Medikamenteneinnahme selbst verantwortlich. „Vor allem bei Patienten, die auf sich allein gestellt sind, ist das Risiko hoch, dass diese vergessen, ihr Medikament einzunehmen, oder dass sie das Arzneimittel falsch einnehmen“, so Harald Möhlmann, Geschäftsführer Versorgungsmanagement der AOK Nordost.
Eine bessere und zugleich kostengünstigere Versorgung wäre also möglich. Wann, in welcher Form und in welchem Umfang das Modell in die Praxis umgesetzt wird, ist jedoch noch fraglich. „Wir sind bereit, gemeinsam mit der Politik und den Kostenträgern die nächsten Schritte in die Regelversorgung zu gehen“, erklärt Jörg Geller von der Kohl Medical AG und Verantwortlicher für das Modellprojekt bei der 7x4 Pharma GmbH. Gemeinsam mit seinen Projektpartnern fordert er verbindliche gesetzliche Grundlagen für eine sachgerechte Arzneimittelverblisterung, um ein Höchstmaß an Versorgungsqualität sowie eine größere Kosteneffizienz zu erreichen.
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